Welche Rolle spielt Greta Thunberg noch für die Klimabewegung?
In rund 110 Orten in Deutschland protestieren Menschen heute wieder im Rahmen des globalen „Klimastreiks“ von „Fridays for Future“. Greta Thunberg hat die Klimaschutzbewegung einst groß gemacht. Doch welche Rolle spielt sie heute noch?
Sie weigerte sich zu fliegen, selbst, wenn ihr Ziel auf der anderen Seite des Ozeans lag. Mit einem Segelboot reiste Greta Thunberg im September 2019 zum UN-Klimagipfel nach New York.
Der Törn sei nicht nur ein PR-Stunt gewesen, sagt die Politikwissenschaftlerin Lisa Dellmuth von der Uni Stockholm. Durch die Reise über den Atlantik habe die Bewegung sehr viel Aufmerksamkeit in den Medien bekommen. „Aber ich würde das jetzt nicht so interpretieren, als dass es eine strategische Handlung war. Die Daten und gute journalistische Arbeit deuten wirklich darauf hin, dass das eine Handlung aus Überzeugung war.“
Was ist beim „Klimastreik“ geplant?
In zahlreichen Städten in Deutschland wollen heute Menschen für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. Aktionen sind in 110 Orten in allen Bundesländern geplant – darunter in Großstädten wie Köln, Hamburg, München, Frankfurt und Leipzig, aber auch im eher ländlichen Raum. In Berlin wollen die Aktivisten vor dem Kanzleramt demonstrieren. Die Bewegung kritisiert in ihrem Protest-Aufruf unter anderem die von der Ampel-Koalition durchgesetzte Reform des Klimaschutzgesetzes – dieses sei damit aufgeweicht worden. „Fridays for Future“ warnt zudem, rechte Kräfte griffen derzeit Klimaschutz gezielt an. Jede und jeder Einzelne sei gefragt, sich dem entgegenzustellen.
Thunberg beim UN-Klimagipfel 2019
Beim Gipfel sprach Thunberg als Erste. Sie sah dabei kein Stück nervös aus – nur wütend und entschlossen. In pinker Bluse und mit langem Flechtzopf rechnete das Mädchen mit den führenden Politikern der Welt ab:
Das hier ist alles falsch. Ich sollte nicht hier sein. Ich sollte auf der anderen Seite des Ozeans in der Schule sitzen. Aber ihr kommt immer noch zu uns jungen Menschen, damit wir euch Hoffnung geben? Wie könnt ihr es wagen? Mit euren leeren Worten habt ihr mir meine Träume und meine Kindheit gestohlen.
Rund ein Jahr zuvor hatte alles vor dem schwedischen Reichstag angefangen – mit demselben Mädchen, demselben entschlossenen Blick und einem Schild. „Schulstreik für das Klima“ stand darauf. Es war der erste Schultag nach den Ferien, und ab da schwänzte Greta Thunberg erst jeden Tag, später dann jeden Freitag für das Klima die Schule.
Protest wird radikaler
Immer mehr Jugendliche schlossen sich der damals 15-Jährigen an. Mit dieser Unterstützung im Rücken drohte sie in New York den Politikern: „Wir werden euch damit nicht davonkommen lassen. Genau hier, genau jetzt ziehen wir die Grenze. Die Welt wacht auf und es kommt eine Veränderung, ob ihr wollt oder nicht.“
Später gelangt Thunberg zu der Einsicht: Mit Politikerinnen und Politikern zusprechen, in der Welt herumzureisen und Hände zu schütteln, das nützt nichts. Ihr Protest wird radikaler. Mehrfach wird Thunberg in diesem und letztem Jahr verurteilt, unter anderem, weil sie Tankwagen in einem Ölhafen in Malmö blockiert.
Vielen missfällt ihr ziviler Ungehorsam. Auch ihre propalästinensischen Proteste haben Kritik laut werden lassen. „Der Grund, weshalb ich Klimaaktivistin bin, ist, dass ich mich um Menschen sorge“, sagte Thunberg. „Für mich ist es selbstverständlich als Klimaaktivistin, mich für Menschen einzusetzen, die leiden und unterdrückt werden.“
Greta-Effekt lässt nach
So umstritten Thunberg heute mit ihren Aktionen für das Klima und Aussagen zu Palästina ist: Mit ihren Schulstreiks ab 2018 und nicht zuletzt ihrer berühmten Wutrede beim UN-Klimagipfel in New York hat sie eine Welle des Klimaprotests losgetreten. Das bewege etwas in der Welt, sagt Politikwissenschaftlerin Dellmuth. „Wenn man sich Umfragen anschaut, dann hat sich seit Gretas Protest 2018 das Klimabewusstsein weltweit erhöht. Von daher gibt es diesen Greta-Effekt auf die öffentliche Aufmerksamkeit.“
Das Mädchen aus Schweden, das in New York vor den Mächtigen der Welt redet, hat Millionen Menschen mit ihrem Engagement angesteckt. In über 100 Ländern gehen Aktivistinnen und Aktivisten auf die Straße. Regierungen müssen sich mit dem Thema befassen. Der sogenannte Greta-Effekt habe allerdings nachgelassen, sagt Dellmuth und zwar seitdem Thunberg in verschiedenen Zusammenhängen radikaler auftrete.