Sturm auf das Kapitol: Von Trump ernannter Richter gegen Begnadigungen


Stand: 21.11.2024 18:18 Uhr

Donald Trump will an seinem ersten Tag als US-Präsident massenhaft Teilnehmer des Aufstands vom 6. Januar 2021 begnadigen. Vorerst gehen die Prozesse und Verurteilungen aber weiter – auch durch von Trump berufene Richter.

Seit Donald Trumps Wahlsieg vor gut zwei Wochen gibt der designierte US-Präsident fast täglich neue und teils sehr kontroverse Personalentscheidungen bekannt. Loyalen Trump-Anhängern kommen Schlüsselpositionen zu – wie etwa dem rechten Hardliner Matt Gaetz, der Justizminister werden soll.

Die Personalien könnten damit zusammenhängen, dass Trump für den ersten Tag seiner Amtszeit radikale Entscheidungen angekündigt hat: Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung will er massenhaft abschieben, Teilnehmer am Sturm auf das Kapitol, der kurz vor der Machtübergabe an Joe Biden im Jahr 2021 stattfand, begnadigen.

„Frustrierend und enttäuschend“

Ausgerechnet ein von Trump ernannter US-Bundesrichter sprach sich nun gegen mögliche Begnadigungen für am Aufstand Beteiligte aus. Es wäre „mehr als frustrierend und enttäuschend“, wenn der designierte Präsident massenweise Randalierer begnadige, sagte Richter Carl Nichols während eines Gerichtstermins laut Abschrift. „Aber das ist nicht meine Entscheidung“, fügte er hinzu, wie die Nachrichtenagentur AP berichtete.

Angestachelt von Behauptungen Trumps, ihm sei der Wahlsieg gestohlen worden, hatten seine Unterstützer am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt. Nichols leitet den Prozess gegen einen mutmaßlichen Beteiligten, dem Angriffe auf Polizisten vorgeworfen werden.

Der Angeklagte postete wenige Stunden nach Trumps Wahlsieg, dass er am Tag von dessen Amtseinführung frei sein werde. Dann könnten er und andere „politische Gefangene“ des 6. Januar „endlich nach Hause zurückkehren“.

Auch einige Richter argumentierten zuletzt, die Prozesse seien wegen der angekündigten Begnadigungen Geldverschwendung und sollten nicht weitergeführt werden.

Mehrheit der Prozesse läuft weiter

Die meisten Richter schließen sich solchen Forderungen jedoch nicht an und positionieren sich ähnlich wie Nichols. Ein wegen Angriffen auf Polizisten verurteilter Mann sagte bei seiner Urteilsverkündung kurz nach der Wahl, er erwarte für die Kapitol-Stürmer „Patriotismus-Begnadigungen“, wie der US-Sender CNN berichtete. Die vorsitzende Richterin Dabney Friedrich, die ebenfalls von Trump ernannt worden war, habe den Mann als wahnhaft kritisiert. Sie verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren.

Mehr als 1.500 Menschen wurden wegen der Gewalt vom 6. Januar angeklagt, Hunderte verurteilt. Ex-Präsident Trump hingegen lobt die Beteiligten bis heute als Patrioten. Er hatte während des Wahlkampfes teils widersprüchliche Angaben dazu gemacht, wen und wie viele Verurteilte er begnadigen wolle.

Dem Time Magazine sagte Trump, er ziehe die Begnadigung aller in Betracht. Später fügte er aber hinzu: „Wenn jemand böse und gemein war, würde ich das noch einmal anders betrachten.“ Im Gespräch mit dem Sender NBC schloss er allerdings auch Enrique Tarrio nicht aus, den ehemaligen Anführer der rechtsextremen „Proud Boys“, der wegen aufrührerischer Verschwörung zu 22 Jahren Haft verurteilt wurde.

Trumps Einfluss auf die Justiz

Als Präsident hat Trump umfassende Befugnisse, Massenbegnadigungen auszusprechen. In Bezug auf die Prozesse gegen ihn selbst wird er davon aller Voraussicht nach aber nicht Gebrauch machen müssen. Drei der vier Strafverfahren werden zu den Akten gelegt oder vertagt. Und im New Yorker Prozess um Schweigegeld an eine Pornodarstellerin, in dem Trump bereits verurteilt wurde, wird die Verkündung des Strafmaßes wohl erst nach seinen vier Jahren im Amt bekannt gegeben.

Trump hatte während seiner ersten Amtszeit drei neue Richter für den neunköpfigen Supreme Court, das höchste Gericht der USA, ernannt. Die konservative Mehrheit des Gerichtshofs kippte nicht nur das bundesweite Abtreibungsrecht, sondern verschärfte auch die Regeln für die Verurteilung von am Sturm auf das Kapitol Beteiligten. Kritiker befürchten, Trump könnte mit künftigen Berufungen von Richtern sowie Gefolgsleuten wie Matt Gaetz zum Justizminister das Rechtssystem beeinflussen.



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Prognosen von Wissenschaftlern: Wie der Klimawandel Deutschland verändern wird


Stand: 19.11.2024 10:47 Uhr

Mehr Hitze, mehr Krankheiten, mehr Starkregen: Wissenschaftler haben berechnet, welche Veränderungen der Klimawandel mit sich bringt. Aber was bedeutet das konkret für das Leben in Deutschland? Ein Überblick.

Von Christina Sianides, HR

Der Klimawandel wird das Leben vor unserer Haustür mehr und mehr beeinflussen – darin sind sich Wissenschaftler einig. Zu den Auswirkungen gehören nicht nur extremere Temperaturen, sondern etwa auch neue Gesundheitsgefahren. Gleichzeitig versuchen Städte und Kommunen, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen.

Wie würde Deutschland in 25 Jahren aussehen – was wäre wahrscheinlich anders? Die Szenarien beruhen auf wissenschaftlichen Modellen und Planungen von Städten und Kommunen.

Wetter

Spätestens in 25 Jahren werde das Leben in vielen Teilen Deutschlands „ungemütlich“, sagt Andreas Walter vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Er ist dort Experte für die konkreten Auswirkungen des Klimawandels.

„Ungemütlich“ heißt in diesem Fall: heißer, trockener und mehr Extremwetterereignisse. Konkret haben die Forscher für das Jahr 2049 berechnet, dass die Temperaturen in Deutschland gegenüber dem Beginn der Aufzeichnungen (1881) um durchschnittlich 1,9 bis 2,3 Grad steigen werden. Das mag überschaubar klingen, bedeutet aber unter anderem einen starken Anstieg der heißen Tage über 30 Grad. 

In Berlin etwa soll es nach den Berechnungen doppelt so viele heiße Tage geben wie zwischen 1971 und 2000. Damals waren es im Schnitt sieben bis zehn, 2049 sollen es bis zu 20 werden. In Stuttgart könnte es dann sogar bis zu 70 heiße Tage geben. Die warmen Tage über 25 Grad nehmen sogar noch stärker zu: Im Südwesten zwischen Wiesbaden, Mainz und Freiburg gab es zwischen 1971 und 2000 nicht mal 30 pro Jahr. In 25 Jahren werden es bis zu 80 sein, sagt Andreas Walter vom DWD – also fast zwei Monate mehr. 

Das Thermometer dürfte aber nicht nur immer häufiger, sondern auch immer höher steigen: Tage mit Temperaturen um die 40 Grad werden in 25 Jahren regelmäßig auftreten, so Walter. Die Zahl der tropischen Nächte mit mehr als 20 Grad nehme zu, in Winternächten werde es hingegen seltener frostig als heute.

Auch beim Niederschlag ändere sich bis Mitte des Jahrhunderts einiges: So soll es im Winter mehr, im Sommer weniger regnen. Weil es im Sommer neben länger werdenden Trockenperioden mehr Starkregen geben soll, könne es zu mehr Sturzfluten und Überschwemmungen kommen. Gerade in Städten mit vielen versiegelten Flächen kann das Wasser dann schlecht abfließen.

Städte

Die Gebäude und Wohnviertel in Deutschlands Städten werden sich verändern, sagt Peter Kreisl, Professor für Stadt- und Regionalplanung an der Frankfurt University of Applied Sciences. Zwar würden sie in 25 Jahren nicht komplett anders aussehen, aber vermutlich gebe es „mehr Grün, weniger Autos, mehr Schatten“.

Festgelegt und konkretisiert wird das in Konzepten zur Anpassung an den Klimawandel. In vier Fünftel aller deutschen Kommunen sind solche Konzepte in Planung oder teilweise schon umgesetzt. Für größere Städte ist das besonders wichtig, denn sie bekommen die Folgen des Klimawandels am meisten zu spüren. Durch die dichte Bebauung und die vielen versiegelten Flächen seien Städte „wie Brenngläser des Klimawandels“, sagt Matthias Garschagen, Professor für Geografie an der Uni München und Klimaanpassungsforscher.

In 25 Jahren werden in Deutschlands Städten also sehr wahrscheinlich deutlich mehr begrünte Dächer, Fassaden, Vorgärten und Hinterhöfe zu sehen sein. Entsprechende Pläne gibt es in allen größeren Städten. Denn klar ist: Mehr Grün ist das wirksamste Mittel des Kühlens. Bäume zum Beispiel senken die Temperatur nicht nur durch Schatten, sondern auch durch das Wasser, das sie über ihre Blätter verdunsten. Wenn etwa ein Hinterhof nicht betoniert, sondern entsiegelt und bepflanzt ist, kann das die Temperatur um bis zu zehn Grad senken. 

Mobile Beschattungselemente wie hier am Rossmarkt in Frankfurt sollen immer öfter zum Einsatz kommen, um die Bevölkerung vor Hitze zu schützen.

In Fußgängerzonen, auf Spielplätzen und an Haltestellen für öffentliche Verkehrsmittel soll ebenfalls für mehr Schatten gesorgt werden – etwa durch Pflanzen, Sonnensegel oder mobile Beschattungselemente. Auch durch helle Oberflächen, Holzfassaden, Photovoltaik-Anlagen und Arkaden wollen Städte die Folgen des Klimawandels abmildern.

In öffentlichen Gebäuden sind in vielen Städten Trinkbrunnen vorgesehen. In Frankfurt ist es bei neuen Bauvorhaben der Stadt Pflicht, Türen und Tiefgaragen-Einfahrten 20 Zentimeter über Straßenniveau anzubringen, um vor Überflutung zu schützen.

Doch auch wenn sich Städte an veränderte Klimabedingungen anpassen können und vielerorts schon einiges auf den Weg gebracht wurde: In der Praxis braucht das viel Zeit und Geld.

Natur und Pflanzen

In der Pflanzenwelt zeigen sich die Folgen des Klimawandels schon jetzt besonders deutlich. Ein Waldspaziergang genügt, um sich selbst ein Bild davon zu machen. Laut Waldzustandsbericht 2023 ist nur jeder fünfte Baum in Deutschlands Wäldern gesund. Der Klimawandel sei „endgültig und für alle sichtbar im deutschen Wald angekommen“, heißt es bereits im Waldzustandsbericht aus dem Jahr 2020. Und auch andere Pflanzen leiden unter den Folgen von Hitze, Trockenheit und Unwetter.

Dieser Trend wird sich in 25 Jahren weiter verschärft haben. „Die Zukunft unserer Wälder könnte so aussehen, wie Urlauber heute Wald im Süden Europas erleben“, sagt Hans-Werner Schröck von der Forschungsanstalt für Waldökologie in Rheinland-Pfalz. Der Klimawandel werde die gesamte Natur rasant verändern, schreiben die Autoren von „Deutschland 2050„. Zwar habe sich das Klima im Laufe der Erdgeschichte immer verändert, aber nie so schnell wie heute: Der menschengemachte Klimawandel verlaufe etwa hundertmal schneller und überfordere damit die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen und Tieren.

Esche, Birke und Fichte, Gartenhortensie und Rhododendron etwa brauchen zu viel Wasser, um ohne weiteres im erhitzten Deutschland zu überleben. Sie werden immer seltener werden oder sogar ganz verschwinden. Im Südwesten und im Osten wird der Artenverlust laut einer Studie im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz am höchsten sein, in Brandenburg kann er demnach sogar bis zu 50 Prozent betragen.

Im Gegenzug wandern neue Pflanzenarten aus anderen Regionen der Welt ein, die mit den Klimabedingungen besser zurechtkommen: so etwa der Seiden- und Lederhülsenbaum, die Purpurerle oder die Blumenesche. „Palmen wachsen hier inzwischen besser als Buchen“, sagt Maximilian Weigand, Direktor des Botanischen Gartens in Bonn.

Welche Arten sich hierzulande am Ende tatsächlich durchsetzen, lässt sich jedoch nicht sicher vorhersagen. Denn die Bedingungen etwa in Südeuropa können nicht exakt auf das Deutschland der Zukunft übertragen werden.

Gesundheit

Die Veränderung des Klimas wirkt sich auf vielfältige Weise auf unsere Gesundheit aus. Der Klimawandel sei weltweit die „größte Gesundheitsgefahr im 21. Jahrhundert“, schrieben Wissenschaftler im Medizin-Fachblatt The Lancet bereits vor 15 Jahren. Er führt Fachleuten zufolge unter anderem dazu, dass Atemwegserkrankungen zunehmen, die Gefahr von Hautkrebs steigt und Allergiker stärker leiden, weil sich die Pollenflugsaison verlängert und neue allergene Pflanzenarten hier heimisch werden. Auch neue Mückenarten können sich durch die höheren Temperaturen ausbreiten und neue Krankheiten übertragen.

Doch die meisten Opfer wird es hierzulande durch die zunehmenden Hitzeextreme geben – da sind sich Experten einig. Hitze fordert Herz und Kreislauf heraus und kann uns im schlimmsten Fall sogar töten, heißt es etwa vom Robert Koch-Institut (RKI).

Während großer Hitzeperioden zeigt sich schon jetzt regelmäßig ein deutlicher Anstieg der Sterbefälle. Und Hitzewellen werden mehr und länger werden, sagen die Forscher des DWD. Besonders in stark erhitzten Städten sei die Gefahr für die Menschen dann besonders groß.

Wie viele Menschen hierzulande in Zukunft durch Hitzewellen sterben werden, lässt sich nicht vorhersagen. Klar ist aber: Es dürften mehr werden, wenn nicht vehement gegengesteuert wird.



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Erster G20-Sozialgipfel: Bürger fordern mehr Einsatz beim Klimawandel


Stand: 17.11.2024 05:45 Uhr

Nicht nur Politiker sollen beim morgen beginnenden G20-Gipfel in Brasilien eine Plattform bekommen. Erstmals gibt es einen Sozialgipfel. Dort fordern Bürger mehr Engagement im Kampf gegen den Hunger und Klimawandel.

Zum G20-Gipfel gehören nicht nur Treffen der politischen Elite. In Brasilien verschaffen sich die Menschen Gehör – mit Trommeln und Tänzen. Seu Jorge steht auf der Bühne. Der berühmte brasilianische Musiker und Schauspieler will gegenüber den Staats- und Regierungschefs noch einmal betonen, was die Menschen von ihnen erwarten. „Das ist eine Erinnerung, dass sie einen großen Kampf anführen müssen“, sagt Jorge. „Den gegen Hunger, gegen Armut und gegen die soziale Ungleichheit. Das ist ihre wichtigste Aufgabe.“

Und dann singt er „Zê do Caroço“. Ein Lied über einen schwarzen Arbeiter aus Rios Favelas, der – mit Hilfe eines riesigen Lautsprechers – dafür kämpft, dass die Probleme und Forderungen der Bewohnerinnen und Bewohner gehört wurden.

Ein großer Lautsprecher, das soll auch der G20-Sozialgipfel sein – zum ersten Mal gibt es das Format. Mehr als 200 Diskussionsforen finden in den umgebauten Lagerhallen im neuen Hafen von Rio statt: Zu Klima, Ungleichheit und der Rolle Indigener, bezahlbarem Wohnraum in Städten. Damit will Brasiliens Präsident Lula da Silva eine Botschaft senden: Die G20 in Rio schotten sich nicht ab, die Zivilbevölkerung soll mitdiskutieren.

„Irgendwann müssen sie die Tür öffnen und zuhören“

Einer der Teilnehmer des Forums ist Elias Rufinho Sobrinho. Er ist Priester der afrobrasilianischen Candomblé-Gemeinde. „Auch wenn wir nicht beim offiziellen Gipfel dabei sind, klopfen wir wenigsten an die Tür“, sagt der Geistliche. „Aktivisten, Anführer, aus allen Ländern. Irgendwann müssen sie die Tür öffnen und sagen: Wir müssen zuhören, wir müssen die Ideen und die Arbeit dieser Menschen wertschätzen.“

Der G20-Gastgeber Brasilien will den Kampf gegen Hunger und den Klimawandel in der Abschlusserklärung von Rio festschreiben – beim Sozialgipfel sind diejenigen da, die diesen Kampf bereits jeden Tag führen: Lokale Gemeindeführer, die sich am Amazonas der Holz- und Goldmafia entgegenstellen, Menschen, die Suppenküchen führen, Sozialprogramme leiten oder Menschen, die in Favelas wohnen. Einer von ihnen ist Luiz Guilherme, er musste in diesem Jahr zusehen, wie Überschwemmungen und dann extreme Trockenheit Existenzen zerstörte. Es sei frustrierend zu sehen, wie aufgeschobene Infrastrukturprojekte und fehlende Planung beim Städtebau, Katastrophen verschlimmerten. 

„Ich erlebe, dass Umweltfragen für viele nichts Abstraktes mehr sind“, sagt der Favela-Bewohner. „Klimakatastrophen gehören zum Alltag und sie treffen insbesondere die arme und periphere Bevölkerung.“ Auch finanziell seien die Menschen davon betroffen. Genau dafür müssten beim G20-Gipfel Lösungen gefunden werden.

Trump-Wahl liege wie ein Schatten über dem Gipfel

Doch dass beim offiziellen Gipfel Bahnbrechendes beschlossen wird, daran glauben auf dem Sozialforum die wenigsten. Weltweit wachsen die Spannungen. Oft gibt es neue Konflikte statt Dialog. Die Wahl von US-Präsident Donald Trump liege wie ein Schatten über dem Gipfel, sagt Arethura Dória, die aus einer afrobrasilianischen Landgemeinde kommt. „Für mich ist das sehr besorgniserregend und auch traurig“, sagt sie. „Es spiegelt auch unser Versagen wider. Der Klimawandel, den er leugnet, Ernährungssicherheit, Armut – dabei geht es nicht um Ideologie, oder nationale Politik, das betrifft uns alle.“

Es gelinge nicht, bei den Wählern von Trump oder auch Jair Bolsonaro, dem ehemaligen Präsidenten Brasiliens, Verständnis dafür zu wecken. „Wir müssen aktiver werden, rausgehen, dürfen uns nicht abwenden und auf bessere Zeiten hoffen“ fordert Arethura Dória. „Die guten Zeiten kommen nicht von allein.“

Lula: „Schreit, protestiert, fordert“

Präsident Lula wird das Abschlussdokument mit den auf dem Sozialgipfel erarbeiteten Vorschläge mit auf den offiziellen Gipfel nehmen. „Das Dokument, das ihr mir gegeben haben, ist nicht das Ende eines Prozesses“, verspricht der Präsident. „Es ist der Anfang eines Prozesses.“

Wenn die Politiker und auch er selbst den Forderungen nicht nachkämen, dann müssten die Teilnehmenden des Sozialgipfel das einfordern. „Schreit, protestiert, fordert“, sagt Lula. „Wir können etwas verändern, wenn wir den Willen dazu haben.“

Ab Montag muss er davon dann die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten überzeugen.



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Der Wald der Zukunft hat Migrationshintergrund


Stand: 14.11.2024 12:55 Uhr

Forschende wollen Europas Wälder retten: Baumsamen aus trockenen Klimazonen sollen sie klimaresilient machen. Ist das eine Lösung für das Waldsterben? Das hoffen zumindest Wissenschaftler.

Während auf der 29. UN-Klimakonferenz in Baku die Finanzierung der Klimakrise geklärt werden soll, hat die Erderwärmung die kritische 1,5-Grad-Grenze geknackt. Das hat der EU-Klimadienst Copernicus gemeldet. Für den Wald ist der schnelle Temperaturanstieg demnach katastrophal.

Ein Vorschlag aus der Wissenschaft: In Deutschland Fichten mit polnischen Vorfahren und Buchen mit Vorfahren aus Südfrankreich pflanzen – also Bäume mit Migrationshintergrund. „Unterstützte Migration“ könnte eine Lösung sein, unsere Wälder zu retten. Dabei werden Samen von Baumarten aus anderen Regionen ausgewählt, die am besten an zukünftige Klimabedingungen angepasst sind.

Zu diesem Befund kommt Waldbau-Professor Jürgen Bauhus auf seinem Versuchswäldchen der Universität Freiburg. Seit mehr als 15 Jahren sucht Bauhus dort nach klimaresilienten Baumarten. Nach der großen Dürre 2018 bis 2021 kommt er zu einer Erkenntnis, die für viele Menschen schwer zu verdauen sei: „Die natürlicherweise an einem bestimmten Standort vorkommenden Baumarten sind häufig nicht die, die am besten angepasst sind – weder jetzt noch in Zukunft.“

Die Versuchsfläche Mundenhof aus der Luft: Hier experimentieren die Forschenden mit verschiedenen Baumarten.

Wald als Kohlenstoffsenke

Zu diesem Ergebnis kommt auch das Bundesforschungszentrum für Wald (BfW) aus Wien gemeinsam mit Forstwissenschaftlern aus ganz Europa. Sie haben untersucht, wie der Wald wieder zur Reduzierung des klimaschädlichen CO2 beitragen kann. Sie liefern damit für Europa die ersten länderübergreifenden wissenschaftlichen Empfehlungen.  

In der Studie wurde das Potenzial der sieben wichtigsten europäischen Baumarten untersucht, um herauszufinden, welche Samenherkunft die besten Chancen in den nächsten 50 Jahren hat.

Denn das Ökosystem Wald leidet bereits jetzt extrem unter den Folgen des Klimawandels. Das Ergebnis der Bundeswaldinventur im Oktober war ein Weckruf: Der Wald sei mittlerweile sogar zur Kohlenstoff-Quelle geworden, setzt also mehr CO2 frei als er speichern kann. 

Die Eiche als Hoffnungsträger

Mit „unterstützter Migration“ sehen die Forschenden die Möglichkeit, den Wald als Kohlenstoffsenke zu retten. Sein Potenzial Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern, könnte unter Verwendung des richtigen Saatguts, verdoppelt werden.

Die europäischen Eichenarten könnten mit dem Klimawandel gut zurechtkommen. Die Eiche weist eine hohe genetische Vielfalt auf. Das spricht für eine große Anpassungsfähigkeit. Stieleiche und Traubeneiche sollen selbst bei einem extremen Klimawandelszenario von einem Temperaturanstieg bis zu sechs Grad gut wachsen – wenn geeignetes Saatgut verwendet wird. 

 

Fichte, Buche und Eiche mit Migrationshintergrund

Eine Fichte aus Polen oder den Karpaten würde mit den zukünftigen Klimabedingungen in Deutschland besser zurechtkommen als eine deutsche Fichte, so die Studienergebnisse. Zum Vergleich: Für Mittel- und Nordskandinavien wären es Samen von Bäumen aus Südskandinavien, die die besten Chancen aufweisen, während im Baltikum und Weißrussland in weiten Teilen auf lokale Samen gesetzt werden kann.  

Bei der Kiefer könnten es aus dem Baltikum stammende Samen sein, die in Deutschland eine bessere Wuchskraft im Klimawandel zeigen. Buchen im Wald der Zukunft haben womöglich Vorfahren aus Süd-Frankreich und Eichen vom Balkan.   

Während die heimischen Bäume mit dem rasanten Wandel nicht zurechtkommen, hatten Bäume aus wärmeren und trockeneren Regionen mehrere Generationen Zeit, sich anzupassen.

Mischwald als Risikovorsorge

Die Zeiten der Monokulturen, wie man sie nach dem Zweiten Weltkrieg pflanzte, sind vorbei. In der Forstwissenschaft herrscht breiter Konsens, dass nur Mischwälder im Klimawandel bestehen können. „Wir werden weniger Bestände haben, die aus ein oder zwei Baumarten bestehen, sondern sollten auf Bestände abzielen, die vier oder fünf Baumarten gemeinsam haben. Das braucht man als Risikovorsorge“, erklärt Silvio Schüler vom Bundesforschungszentrum für Wald in Wien und Mitautor der Studie. „Denn wir wissen nicht, welche Krankheiten und Schädlinge herkommen oder wie trocken es wird.“

In der Bewirtschaftung müsse stärker auf das Risikomanagement abgezählt werden, so Schüler. „Wir müssen versuchen, diese Störungen wie Schädlinge und Trockenheit durch geeignete Bewirtschaftung vorzubeugen.“ Ein Teil der Vorbeugung sei dabei der Einsatz des richtigen Saat- und Pflanzgutes bei den Aufforstungen. 

Der Wald als Klimaschützer

Der Wald der Zukunft wird anders aussehen – so viel steht fest. Der noch amtierende Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özedmir hatte im Oktober 2024 angekündigt, die Bundesregierung werde 250 Millionen Euro für den Schutz der Wälder bereitstellen. Was nach dem Ampel-Aus mit diesem Plan wird, bleibt abzuwarten. 



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Zahl der Vermissten nach Flut in Spanien weiter hoch


Stand: 08.11.2024 12:59 Uhr

Zehn Tage nach dem Starkregen mit Überflutungen werden in der spanischen Region Valencia noch 78 Menschen vermisst. Die Zahl der Todesopfer liegt bei 219. In Katalonien gab es neue Unwetter.

Nach dem Starkregen mit Überflutungen vom 29. Oktober liegt die Zahl der vermissten Menschen in Spanien bei 78. Das teilte die Regierung der am schlimmsten betroffenen Region Valencia im Osten des Landes in einer jüngsten Bilanz mit. Die Todesopfer werden weiterhin mit vorläufig 219 beziffert. Weiteren Starkregen gab es im Nordosten und Osten. Für heute gab der spanische Wetterdienst Aemet allerdings keine Unwetterwarnung heraus.

Zuletzt war die Vermisstenzahl mit 93 angegeben worden. Allein in Valencia wurden bisher 211 Leichen geborgen, die anderen acht in den benachbarten Regionen Kastilien-La Mancha und Andalusien.

Überschwemmungen in Katalonien

Nachdem es am Donnerstag bereits unter anderem auf Mallorca stark geregnet hatte, führten heftige Niederschläge in der Nacht in Katalonien zu Überschwemmungen.

In dem bei Urlaubern beliebten Fischer- und Künstlerdorf Cadaqués an der Costa Brava rissen die Wassermassen circa 30 Fahrzeuge in den Fluss, wie Bürgermeisterin Pia Serinyana Torrents mitteilte. Viele dieser Fahrzeuge seien im Fluss vor einer Brücke auf und nebeneinander gestapelt zum Stehen gekommen, berichteten die Zeitung La Vanguardia und andere Medien.

Schwierige Suche nach Vermissten

In Valencia wird weiterhin nach jenen Menschen gesucht, die noch als vermisst gelten. Man müsse aber berücksichtigen, dass 40 der geborgenen Leichen noch nicht identifiziert worden seien, teilten Regionalbehörden mit. Es sei zu befürchten, dass einige Leichen auch ins Mittelmeer gespült worden sein könnten.

Noch immer sind einige der insgesamt 75 in Mitleidenschaft gezogenen Orte von Schlamm bedeckt. Zahlreiche Gebäude sind weiterhin nicht oder nur schwer zugänglich, da die Eingänge zum Teil nach wie vor von Autowracks und Hausrat blockiert sind.

In Valencia hatte es am Dienstag voriger Woche in einigen Ortschaften innerhalb weniger Stunden so viel Regen gegeben wie sonst in einem Jahr. Inzwischen scheint im Katastrophengebiet seit Tagen die Sonne. Die Aufräumarbeiten laufen auf Hochtouren.

WHO appelliert an COP

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte mit Blick auf Spanien, Gesundheitsrisiken infolge des Klimawandels zu einem zentralen Thema auf der UN-Klimakonferenz COP29 im November zu machen. „Der Klimawandel macht uns krank und dringendes Handeln ist eine Frage von Leben und Tod“, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten WHO-Bericht. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Erderwärmung seien „nicht weit weg oder abstrakt – sie sind jetzt spürbar“.

Als Beispiele nennt die WHO „Rekordtemperaturen in Indien, tödliche Hochwasser in Kenia und Spanien, Megafeuer im Amazonas und Hurrikans in den Vereinigten Staaten“. Der Klimawandel bedrohe die körperliche und mentale Gesundheit, das Wohlbefinden und das Leben selbst, hieß es. Die Weltklimakonferenz COP29 beginnt am Montag in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku.



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Tausende Freiwillige helfen in spanischen Katastrophengebieten


Stand: 04.11.2024 06:18 Uhr

Mit Schaufeln bewaffnet machen sie sich auf den Weg in die zerstörten Gebiete: Die Hilfsbereitschaft von Freiwilligen in Spanien ist angesichts der Flutkatastrophe groß. Das sorgt bei Einsatzkräften nicht nur für Begeisterung.

Von Lisa Muckelberg, ARD Madrid

Der Reisebus, der in Valencia ankommt, ist dreckig. Rund fünfzig Menschen steigen aus, die Klamotten voller Schlamm, Plastiktüten um die Schuhe gewickelt. Im Gepäckfach des Busses sind statt Koffern unzählige Schaufeln und Besen, braun vom Schlamm.

Der Bus kommt aus einem der von der Flut zerstörten Gebiete. Er brachte freiwillige Helfer und Helferinnen dorthin. Auch Student Elias ist einer von ihnen. Er hat noch Schlammspritzer im Gesicht. Man müsse einfach helfen, sagt er.

Die Solidarität ist riesig. Tausende Menschen machen sich auf den Weg in die betroffenen Orte – erst zu Fuß, mittlerweile auch in Bussen. Denn so viele Freiwillige müssen erst einmal koordiniert werden. An einer zentralen Sammelstelle werden sie in Gruppen eingeteilt, mit Schaufeln ausgestattet und mit den Bussen losgeschickt.

„Die Euphorie wird nachlassen“

Maria Paz Ramos ist Vizepräsidentin der Freiwilligenplattform. Sie ist stolz darauf, was sie schon geschafft haben. Aber sie sorgt sich, wie lange die Hilfsbereitschaft anhalten wird: „Die Euphorie jetzt, in der heißen Phase ist groß, doch sie wird nachlassen.“

Immer wieder kommt es auch zu Konflikten zwischen den offiziellen Einsatzkräften und den Freiwilligen. Sie würden die Wege versperren, lauten die Vorwürfe. Bei den Helfern und Helferinnen kommt das nicht gut an. Sie würden kommen, um zu helfen, nicht um zu behindern oder Fotos zu machen, sagt Malena.

Sie ist gerade von ihrem Einsatz zurückgekommen und weiß, wie wichtig ihre Hilfe ist. Es seien die freiwilligen Bürger und Bürgerinnen, die die notwendige Hilfe brächten, nicht die Regierung, so ihr Vorwurf.

Die Suche nach Überlebenden

10.000 Polizisten und Soldaten schickte Ministerpräsident Pedro Sánchez in die Katastrophengebiete. Sie sollen die Straßen freiräumen und nach Vermissten suchen. Vor allem in Tiefgaragen und Tunneln wird noch nach Überlebenden gesucht, dazu sind auch Polizeitaucher im Einsatz. Ein anderes Problem vor Ort sind Plünderungen: Die Polizei nahm schon mehr als 80 Personen deswegen fest.

Am Sonntag entlud sich die ganze Wut der Menschen über das Krisenmanagement der Behörden beim Besuch des spanischen Königsbesuchs in Paiporta. Im Regionalfernsehen war zu sehen, wie Hunderte von wütenden Menschen Felipe VI. und seine Frau Letizia mit Schlamm bewarfen und beschimpften.

Am Ende gingen die Monarchen gegen den Rat des Sicherheitspersonals auf die Protestierenden zu. Mit Schlamm an Kleidung und im Gesicht versuchten sie, die Leute zu beruhigen. Die Menschen sagten, sie bräuchten mehr Hilfe. Solche Szenen habe es, so sagte ein TV-Kommentator, bei einem Besuch eines Königspaars bislang noch nicht gegeben.



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Reportage aus Paiporta: Stolz darauf, wie alle im Chaos zusammenhalten



reportage

Stand: 02.11.2024 09:48 Uhr

Allein in Paiporta sind bei der Flutkatastrophe 62 Menschen gestorben, viele werden vermisst. Tausende Freiwillige befreien die spanische Kleinstadt von Schlammmassen. Fast alle mussten zu Fuß kommen.

Von Lisa Muckelberg, ARD Madrid, zurzeit Paiporta

Nach Paiporta kommt man nur zu Fuß. Die meisten Straßen sind noch dicht – und die Wege, die mittlerweile offen sind, werden von der Polizei kontrolliert. Sie lassen nur Einsatzfahrzeuge durch.

Also gehen die Menschen, die nach Paiporta wollen – und das sind viele: Rund 13.000 freiwillige Helferinnen und Helfer machen sich auf den Weg. Auf dem Seitenstreifen der Stadtautobahn raus in den Vorort, in einer langen Schlange, etwa fünf Kilometer bis zum Ortseingang, dann noch mal zwei bis zum Ortskern. In Gummistiefeln, mit Schaufel und Besen auf der Schulter und mit Plastiktüten und Wasserflaschen in der Hand.

Ein Einkaufstrolly voller „Basics“

So auch Carolina, die ihren Einkaufstrolly vollgepackt hat: mit Windeln, Babynahrung, Kichererbsen, Wasser und Medikamente – „die Basics eben“, sagt sie.

Es ist warm in der prallen Sonne, die Autobahnbrücke führt über einen der Flüsse, die so reißend waren. Jetzt ist er nur ein kleines, braunes Rinnsaal in einem breiten, schlammigen Flussbett. Carolina hat noch eine Mission in Paiportas: Sie hat seit der Flut am Dienstag nichts mehr von ihren Cousins gehört. Sie weiß nichts von ihnen, wird aber versuchen, sie zu finden.

Denn die Zahl der Vermissten ist immer noch hoch, auch wenn sich keine Behörde traut, sie genau zu beziffern.

Gasse in Paiporta: Die gewaltige Wucht der Fluten lässt sich nur noch erahnen.

„Wir machen uns große Sorgen“

So geht es auch Alejandro. Er ist schon auf dem Rückweg aus Paiporta, seine Klamotten sind komplett mit Schlamm bedeckt. Er und seine Freunde haben geholfen, die Einfahrten freizumachen, den braunen Schlamm von der Straße zu bekommen. Und: Auch er sucht – Laura, eine Freundin. „Ehrlich gesagt, wir machen wir uns große Sorgen“, erzählt Alejandro. „Wir haben schon mit der Polizei gesprochen, um sie zu finden und versuchen alles – aber im Moment bleibt nur das Warten.“

Wirklich noch Hoffnung zu haben, fällt schwer, wenn man in Paiporta ankommt. Autos liegen wie Spielzeug verteilt, mal auf dem Rücken, mal senkrecht an einer Wand, mal aufeinander gestapelt. Brücken sind abgebrochen, die Gleise unpassierbar, auch hier liegt ein Auto drauf. Und überall: verschlammte Möbel.

Stolz darauf, wie alle zusammenhalten

Vor dem zweistöckigen Haus an der Ecke sind es Elenas Möbel. Sie wohnt seit 25 Jahren hier in Paiporta, so etwas hat die 52-Jährige noch nie erlebt. Es sei wie ein Tsunami gewesen. Und als die offizielle Warnung kam, haben ihnen schon das Wasser bis zum Hals gestanden. Und zwar wörtlich: Im Erdgeschoss sei das Wasser bis unter die Decke gestiegen.

„Es war sehr hart für, Leute sterben zu sehen, wie sie alles verlieren“, sagt sie. Doch Elena lebt noch und ihr Hund auch, da sind die Möbel nebensächlich. Jetzt schippen drei Freiwillige mit ihr den Schlamm aus dem Flur, dafür ist sie sehr dankbar: Sie sei stolz darauf, wie alle zusammenhalten.

In keiner Straße wird allein gearbeitet, niemand steht einsam vor seinem Haus. Überall schlammbedeckte Freiwillige, die anpacken.

Das Militär ist auch da

Es gibt eine zentrale Sammelstelle für Lebensmittel – auch von Helfern aus der Stadt betrieben. Mittlerweile haben es auch die ersten Abschleppwagen in den Ort geschafft und ziehen Autos aus dem Schlamm. Das Militär ist auch da, neben der Polizei und der Feuerwehr.

Es ist laut und chaotisch in den Straßen von Paiporta. Man muss zur Seite springen, wenn ein Pickup durch die Straße will, aufpassen, nicht über die vielen Besen und Schaufeln zu stolpern, die den Schlamm in die Gullis schieben. Es riecht nach Benzin und irgendwie nach Fluss, nach dem braunen Schlamm.

An der Ecke im Zentrum war mal eine Bar – jetzt tragen Männer die zerstörten Stühle nach draußen, ducken sich vorbei an den zerbrochenen Glasscheiben. Die Bar gehört Alex, er hat sie gerade noch rechtzeitig geschlossen, bevor das Wasser kam, und konnte sein Leben retten. Trotzdem ist er verzweifelt: „Ich muss jetzt von null anfangen – eigentlich sogar noch schlimmer: drei, vier Schritte zurück.

Überall liegen zerstörte Möbel auf den Straßen.

Organisation im Durcheinander

Perpe ist Feuerwehrmann und seit Tag eins vor Ort. Er und seine Kollegen hätten schon viele Tote geborgen, erzählt er. Das Ganze sei eine Last, mit der er fertig werden muss: „Es ist nicht einfach.“ Jetzt sei es aber schon besser – es gibt mehr Organisation im Durcheinander und es freut ihn, dass so viele mithelfen.

Nerea ist schon seit sieben Uhr morgens da, räumt die Straßen frei und kümmert sich um die Menschen, die immer noch eingesperrt sind in ihren Häusern, weil der Schutt die Ausgänge versperrt. Seit drei Tagen seien sie ohne Wasser und Essen, weil sie einfach nicht herauskämen.

Morgen will sie wieder um sieben hier sein, von Valencia über die Autobahn nach Paiporta – zu Fuß.



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Tausende warten nach Unwettern in Spanien noch auf Rettung


Stand: 31.10.2024 09:08 Uhr

Nach den heftigen Unwettern in Spanien werden die Rettungsarbeiten fortgesetzt. Tausende Menschen sitzen noch in Häusern oder Autos fest. Derweil wird die Frage laut, ob zu spät vor der drohenden Gefahr gewarnt wurde.

Nach den schweren Unwettern in Spanien dauern die Rettungseinsätze weiter an. Inzwischen haben die Einsatzkräfte alle der betroffenen Regionen erreichen können, teilte der Regierungschef der Region Valencia, Carlos Mazón, mit.

Mindestens 95 Menschen kamen durch die Überschwemmungen und Sturzfluten ums Leben, 92 der Opfer wurden in der Region Valencia geborgen. Die Zahl der Todesopfer ist die höchste in Spanien seit Oktober 1973, als in den südöstlichen Provinzen Granada, Murcia und Almeria mindestens 150 Menschen starben. Noch immer können Behörden keine konkreten Angaben machen, wie viele Menschen als vermisst gelten. Daher wird befürchtet, dass die Zahl der Toten noch steigen könnte.

Zumindest konnten laut Mazón inzwischen wohl all die Einwohnerinnen und Einwohner per Hubschrauber gerettet werden, die sich auf Hausdächer gerettet hatten. Etwa 70 Einsätze aus der Luft seien dafür notwendig gewesen. An den Rettungsarbeiten sind der Zivilschutz, Feuerwehr, Polizei und Soldaten des spanischen Militärs beteiligt.

Wohl noch mehr als 1.000 Menschen in Autos eingeschlossen

Über Nacht hätten die Rettungseinsätze jedoch teilweise eingestellt werden müssen, hieß es vom Leiter der Notfallabteilung des spanischen Roten Kreuzes, Iñigo Vila. Laut der Nachrichtenagentur dpa warten nach wie vor Tausende Menschen auf Hilfe, die in Fahrzeugen, Häusern und Dörfern ausharrten. In der Nacht waren zahlreiche Autobahnen und Landstraßen weiter unbefahrbar. Auch der Bahnverkehr wurde erheblich beeinträchtigt. Rund 115.000 Haushalte waren ohne Strom, zudem gab es weiter Probleme mit den Handyverbindungen.

Ein Sprecher der Polizeieinheit Guardia Civil schätzte am Mittwochabend, dass auf den Autobahnen A3 und A7 noch etwa 1.200 Menschen in Autos, Bussen oder Lastwagen festsitzen. Es gebe aber auch viele, die ihre Fahrzeuge nicht verlassen wollten. Allen ein der Region Valencia sollen demnach noch rund 5.000 Fahrzeuge feststecken, teils verlassen, teils mit darin eingeschlossenen Personen. Auch in Zügen, Häusern, Büros, Schulen und Einkaufszentren sollen noch viele Tausende Menschen vor den Wassermassen Schutz gesucht haben.

Vorwürfe wegen unzureichender Warnungen

Während die Rettungsarbeiten unter Hochdruck fortgesetzt werden, kommen vermehrt Vorwürfe auf, die Bevölkerung sei zu spät und nicht ausreichend vor der drohenden Gefahr gewarnt worden. Schließlich seien die Risiken, die mit dem Wetterphänomen „Dana“ einhergingen, bekannt, hieß es in Medien und in Diskussionen im Internet. Es tritt zu Herbstbeginn, wenn sich die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das warme Mittelmeer schieben, im Süden und Osten Spaniens häufiger auf. Die Warnung des Zivilschutzes sei jedoch erst am Dienstagabend gegen 20 Uhr an die Bevölkerung verschickt worden.

Valencias Regierungschef Mazón wies die Kritik deutlich zurück. Erste Warnungen seien bereits am Sonntag ausgesprochen worden. Die Verantwortlichen hätten sich strikt an die Protokolle des Zivilschutzes gehalten. Auch Experten wie der Meteorologe Francisco Martín León widersprachen den Vorwürfen. Solche „brutalen Folgen“ hätten nicht vorhergesagt werden können, weil diese von verschiedenen Faktoren abhängig seien, betonte er gegenüber der Nachrichtenagentur Europa Press. Der Wetterdienst Aemet habe mit Unwetterwarnungen der Stufen drei (Gelb), zwei (Orange) und eins (Rot) ausreichend und rechtzeitig informiert.

Dreitägige Staatstrauer ausgerufen

In Spanien gilt seit dem Morgen eine dreitägige Staatstrauer. Ministerpräsident Pedro Sánchez soll im Laufe des Tages in die Region Valencia reisen, um sich ein Bild über da Ausmaß der Katastrophe zu machen. Bereits am Mittwoch hatte die spanische Regierung den betroffenen Gebieten und der Bevölkerung schnelle Hilfe beim Wiederaufbau zugesichert. 

Neben Valencia sind auch andere Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha betroffen. Der Wetterdienst Aemet bezeichnete das Ausmaß der Unwetter als „historisch“. Es seien die schlimmsten solcher Art in diesem Jahrhundert in Valencia gewesen. Mancherorts fiel innerhalb von einem Tag so viel Regen wie sonst in einem Jahr. Unzählige Straßen verwandelten sich blitzschnell in reißende Ströme, mehrere Flüsse traten über die Ufer. Gebäude und Felder wurden unter Wasser gesetzt. Straßen, Häuser und kleinere Brücken brachen weg. Bäume, Container, Autos, Lastwagen und Menschen wurden vom Wasser wie Spielzeug mitgerissen.



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Mehr als 50 Tote bei Überschwemmungen in Spanien


Stand: 30.10.2024 10:10 Uhr

Nach offiziellen Angaben sind bei schweren Überschwemmungen in der spanischen Region Valencia 51 Menschen ums Leben gekommen. Das erklärte die Regionalregierung.

Heftige Überschwemmungen nach Starkregen haben in Spanien Dutzende Menschen das Leben gekostet. In der östlichen Region Valencia gebe es mindestens 51 Tote, meldete der Katastrophenschutz. Zudem werden weitere Menschen vermisst.

Verkehrs- und andere Infrastruktur betroffen

Starke Regenfälle hatten seit gestern in weiten Teilen im Osten und Süden Spaniens heftige Sturzfluten ausgelöst. Autos wurden von den Wassermassen fortgeschwemmt, Straßen in Dörfer verwandelten sich in Flüsse. Es kam auch zu massiven Beeinträchtigungen im Bahn- und Autoverkehr. Nahe Málaga entgleiste ein Hochgeschwindigkeitszug mit fast 300 Menschen an Bord. Nach Angaben der Bahngesellschaft wurde niemand verletzt. Auch mehrere Autobahnen und Bundesstraßen wurden gesperrt.

Die Polizei und Rettungsdienste setzten Hubschrauber ein, um festsitzende Menschen aus ihren Wohnungen und Autos zu befreien. In einigen Gebieten waren Anwohner in ihren Häusern eingeschlossen und setzten in sozialen Medien Notrufe ab, wie die Zeitung El País berichtete. Mehr als 1.000 Soldaten waren in den betroffenen Gebieten im Einsatz. Die Zentralregierung richtete einen Krisenstab ein, der Rettungseinsätze koordinieren sollte. An zahlreichen Schulen und Universitäten fiel der Unterricht aus.

Evakuierungsaufruf der Regierung

Der Ministerpräsident Valencias, Carlos Mazón, hatte Einwohner dazu aufgerufen, sich in höhergelegene Gebiete zu begeben. Auch in der Stadt Albacete in der benachbarten Region Kastilien-La Mancha werden Menschen vermisst, laut Medien mindestens sechs. Über Mallorca und den anderen Balearen-Inseln war das Unwetter mit Starkregen bereits am Montag gezogen.

Das Regengebiet soll im laufe des Tages in Richtung Nordosten weiterziehen. Für große Teile des Landes gilt aber weiter eine Unwetterwarnung. Erst am Donnerstag werde sich die Lage in ganz Spanien wieder entspannen, teilte der Wetterdienst Aemet mit.



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Ein Toter bei heftigen Unwettern in Frankreich


Stand: 18.10.2024 04:29 Uhr

Teile Frankreichs werden von heftigen Unwettern heimgesucht – örtlich fielen mehr als 600 Liter Regen pro Quadratmeter. In Paris starb ein Mann, Autobahnen und Bahnstrecken sind gesperrt. Die Regierung in Paris richtete einen Krisenstab ein.

In Teilen Frankreichs haben große Regenmengen für Überschwemmungen, Evakuierungen und gesperrte Autobahnen und Bahnstrecken gesorgt. In Paris wurde am Abend ein Mann von einem umstürzenden Baum erschlagen, wie Medien berichteten. Ebenfalls in der Hauptstadt wurden zwei 3 und 5 Jahre alte Kinder verletzt.

Schulen bleiben geschlossen

Für sechs Departements in der Südhälfte des Landes erließ der Wetterdienst Météo France die höchste Warnstufe Rot, in 34 Departements wurde die Warnstufe Orange ausgerufen.

In der Region Auvergne-Rhône-Alpes mussten etwa 900 Menschen und auch etliche Schulen evakuiert werden, auf Fernsehbildern waren überflutete Autobahnen, Supermärkte und im Wasser treibende Autos zu sehen. Etliche Schulen und Kindergärten in der Region wurden bis einschließlich Samstag geschlossen.

Bahnstrecken und Autobahnen gesperrt

Die Autobahn und die Bahnstrecke zwischen der südfranzösischen Stadt Lyon und dem südwestlich gelegenen Saint-Étienne wurden unterbrochen. Zwischen beiden Städten könnten wohl über mehrere Tage keine Züge fahren, teilte die Staatsbahn SNCF mit.

Nach Angaben der Präfektur war es ebenso unklar, wann die Autobahn wieder befahrbar ist. Der Autobahnbetreiber Vinci Autoroutes warnte am Abend vor möglichen Behinderungen auf über 30 französischen Autobahnen. 

Hunderte Feuerwehrleute im Einsatz

1.500 Feuerwehrleute waren nach Angaben des Innenministeriums im Einsatz. Alles werde getan, um den betroffenen Menschen zur Hilfe zu kommen, sagte Innenminister Bruno Retailleau in Paris. Die Behörden warnten eindringlich davor, sich zu Fuß oder mit dem Auto in überflutete Bereiche zu begeben. 

Auch in Paris kam es zu extremen Regenfällen, nach Angaben von Meteorologen fiel in einer Stunde so viel Niederschlag wie sonst binnen zwei Wochen. Einige Metrostationen wurden wegen Überflutung geschlossen.

Mehr als 600 Liter pro Quadratmeter

„Wir haben es mit einer Situation zu tun, die in ihrem Ausmaß noch nicht dagewesen ist“, sagte die Ministerin für ökologischen Wandel, Agnès Pannier-Runacher. Örtlich seien binnen 48 Stunden mehr als 600 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen, das sei „absolut massiv“. „Das hat es seit Menschengedenken nicht mehr gegeben.“

Die Ministerin warnte: „Wir sind mit Ereignissen konfrontiert, die mit dem Klimawandel zusammenhängen und die wir immer regelmäßiger erleben werden, wir müssen uns darauf vorbereiten.“ Im Ministerium wurde ein Krisenstab eingerichtet. Alle zuständigen Dienste würden mobilisiert, hieß es.

47 Eingeschlossene aus Supermarkt evakuiert

Nach der Überflutung eines Supermarktes in der Stadt Givors an der Rhône, in dem am Abend vorübergehend noch 47 Menschen eingeschlossen waren, schloss die Supermarktkette Carrefour vorsorglich weitere ihrer Geschäfte in Nizza, Cannes, Monaco und Antibes.

Wie Carrefour-Geschäftsführer Alexandre Bompard mitteilte, befanden sich zunächst 39 Angestellte sowie acht Kunden und Angestellte weiterer Läden im Obergeschoss des unter Wasser gelaufenen Supermarktes. Sie wurden am Abend von der Feuerwehr aus dem Gebäude geholt.



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