Tausende warten nach Unwettern in Spanien noch auf Rettung
Nach den heftigen Unwettern in Spanien werden die Rettungsarbeiten fortgesetzt. Tausende Menschen sitzen noch in Häusern oder Autos fest. Derweil wird die Frage laut, ob zu spät vor der drohenden Gefahr gewarnt wurde.
Nach den schweren Unwettern in Spanien dauern die Rettungseinsätze weiter an. Inzwischen haben die Einsatzkräfte alle der betroffenen Regionen erreichen können, teilte der Regierungschef der Region Valencia, Carlos Mazón, mit.
Mindestens 95 Menschen kamen durch die Überschwemmungen und Sturzfluten ums Leben, 92 der Opfer wurden in der Region Valencia geborgen. Die Zahl der Todesopfer ist die höchste in Spanien seit Oktober 1973, als in den südöstlichen Provinzen Granada, Murcia und Almeria mindestens 150 Menschen starben. Noch immer können Behörden keine konkreten Angaben machen, wie viele Menschen als vermisst gelten. Daher wird befürchtet, dass die Zahl der Toten noch steigen könnte.
Zumindest konnten laut Mazón inzwischen wohl all die Einwohnerinnen und Einwohner per Hubschrauber gerettet werden, die sich auf Hausdächer gerettet hatten. Etwa 70 Einsätze aus der Luft seien dafür notwendig gewesen. An den Rettungsarbeiten sind der Zivilschutz, Feuerwehr, Polizei und Soldaten des spanischen Militärs beteiligt.
Wohl noch mehr als 1.000 Menschen in Autos eingeschlossen
Über Nacht hätten die Rettungseinsätze jedoch teilweise eingestellt werden müssen, hieß es vom Leiter der Notfallabteilung des spanischen Roten Kreuzes, Iñigo Vila. Laut der Nachrichtenagentur dpa warten nach wie vor Tausende Menschen auf Hilfe, die in Fahrzeugen, Häusern und Dörfern ausharrten. In der Nacht waren zahlreiche Autobahnen und Landstraßen weiter unbefahrbar. Auch der Bahnverkehr wurde erheblich beeinträchtigt. Rund 115.000 Haushalte waren ohne Strom, zudem gab es weiter Probleme mit den Handyverbindungen.
Ein Sprecher der Polizeieinheit Guardia Civil schätzte am Mittwochabend, dass auf den Autobahnen A3 und A7 noch etwa 1.200 Menschen in Autos, Bussen oder Lastwagen festsitzen. Es gebe aber auch viele, die ihre Fahrzeuge nicht verlassen wollten. Allen ein der Region Valencia sollen demnach noch rund 5.000 Fahrzeuge feststecken, teils verlassen, teils mit darin eingeschlossenen Personen. Auch in Zügen, Häusern, Büros, Schulen und Einkaufszentren sollen noch viele Tausende Menschen vor den Wassermassen Schutz gesucht haben.
Vorwürfe wegen unzureichender Warnungen
Während die Rettungsarbeiten unter Hochdruck fortgesetzt werden, kommen vermehrt Vorwürfe auf, die Bevölkerung sei zu spät und nicht ausreichend vor der drohenden Gefahr gewarnt worden. Schließlich seien die Risiken, die mit dem Wetterphänomen „Dana“ einhergingen, bekannt, hieß es in Medien und in Diskussionen im Internet. Es tritt zu Herbstbeginn, wenn sich die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das warme Mittelmeer schieben, im Süden und Osten Spaniens häufiger auf. Die Warnung des Zivilschutzes sei jedoch erst am Dienstagabend gegen 20 Uhr an die Bevölkerung verschickt worden.
Valencias Regierungschef Mazón wies die Kritik deutlich zurück. Erste Warnungen seien bereits am Sonntag ausgesprochen worden. Die Verantwortlichen hätten sich strikt an die Protokolle des Zivilschutzes gehalten. Auch Experten wie der Meteorologe Francisco Martín León widersprachen den Vorwürfen. Solche „brutalen Folgen“ hätten nicht vorhergesagt werden können, weil diese von verschiedenen Faktoren abhängig seien, betonte er gegenüber der Nachrichtenagentur Europa Press. Der Wetterdienst Aemet habe mit Unwetterwarnungen der Stufen drei (Gelb), zwei (Orange) und eins (Rot) ausreichend und rechtzeitig informiert.
Dreitägige Staatstrauer ausgerufen
In Spanien gilt seit dem Morgen eine dreitägige Staatstrauer. Ministerpräsident Pedro Sánchez soll im Laufe des Tages in die Region Valencia reisen, um sich ein Bild über da Ausmaß der Katastrophe zu machen. Bereits am Mittwoch hatte die spanische Regierung den betroffenen Gebieten und der Bevölkerung schnelle Hilfe beim Wiederaufbau zugesichert.
Neben Valencia sind auch andere Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha betroffen. Der Wetterdienst Aemet bezeichnete das Ausmaß der Unwetter als „historisch“. Es seien die schlimmsten solcher Art in diesem Jahrhundert in Valencia gewesen. Mancherorts fiel innerhalb von einem Tag so viel Regen wie sonst in einem Jahr. Unzählige Straßen verwandelten sich blitzschnell in reißende Ströme, mehrere Flüsse traten über die Ufer. Gebäude und Felder wurden unter Wasser gesetzt. Straßen, Häuser und kleinere Brücken brachen weg. Bäume, Container, Autos, Lastwagen und Menschen wurden vom Wasser wie Spielzeug mitgerissen.